Hyperzentrum der Stadt

Team Van de Wetering

Leitideen & Zukunftsbild 2050


Der Raum Hauptbahnhof – Central ist das Hyperzentrum der Stadt. Täglich strömt etwa eine Streetparade durch den Raum: nur schon der Bahnhof mit seinen Tram- und Bushaltestellen generiert rund 750'000 Personen pro Tag, die alle zu Fuss unterwegs sind. Dieser Fussverkehr ist auch Laufkundschaft. Sie bietet enorme Potenziale für die Zentrumsnutzungen und belebt die Innenstadt. Das Gebiet hat auch viele räumliche Qualitäten. Es gibt gut vernetzte, monumentale Plätze und Strassen mit grossstädtischen Stadthäusern. Besonders attraktiv sind die beiden Flussräume. Eine grosse Qualität ist die Vielseitigkeit des Raumes und die Vielfalt der Angebote.


Die Hauptaufgabe heisst «Aufräumen». Es gibt einen grosszügigen, durchgehend vernetzten, hindernisfreien, attraktiv gestalteten Stadtraum. Damit gibt es insbesondere viel Platz für den Fussverkehr, dessen Potenziale («Power of the Pedestrian») kommen zum Tragen. Die Gliederung des Hauptbahnhofs in zwei Bahnhöfe und die Stärkung der unterschiedlichen Bahnhofsseiten verbessert die Orientierung und schafft Angebote für Alle.





Mit einem «Ringsystem» werden schliesslich die verschiedenen Themen und Elemente (Verkehr, Nutzungen, Sozialraum) ringförmig gegliedert und priorisiert: es gibt stark frequentierte Orte mit mondäner Ausstrahlung, aber auch intime, quartierorientierte Stadträume. Hier wird auch klar, dass der Autoverkehr nicht einfach verschwindet, sondern je nach Bedeutung (Transitverkehr, Zielverkehr, Anlieferung) neu gegliedert wird.


Das Zukunftsbild und der Entwurf zeigen einen möglichen langfristigen Zustand des Bahnhofsraum und das volle Ausnutzen der Potenziale des Raumes. Die Ansätze sind visionär und ambitiös, berücksichtigen aber die verkehrliche Machbarkeit und eine stufenweise Umsetzung.



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Schlüsselthemen & Vertiefungen


Im Vordergrund steht die allseitige Öffnung des Bahnhofs und die Priorisierung des Fussverkehrs. Durch die Bildung eines durchgehenden, hindernisfreien öffentlichen Raums im gesamten Bahnhofsumfeld entstehen attraktive und direkte Verbindungen zwischen dem Bahnhof und den angrenzenden Strassen und Plätzen.


Der Auto-Transitverkehr beim Bahnhof wird dafür stufenweise unterbunden, für den Zielverkehr (z.B. Anlieferung, Erschliessung der bestehenden Parkhäuser) bleibt die bahnhofsnahe Innenstadt aber gut erreichbar. Die grossräumige Befreiung des Raums HB-Central von Autoverkehrsflächen ist durch die Bündelung der Verkehrsströme auf wenige Hauptachsen möglich. Hauptelement ist der Bahnhofquaitunnel: er bekommt eine grössere Bedeutung im Netz, viele Autoverkehrsströme in Bahnhofsnähe werden unterirdisch abgewickelt. Dazu hat die grossräumige Betrachtung ergeben, dass eine solche Bündelung und Verlagerung der Fahrten auf weniger Strecken mit einer gleichzeitigen Reduktion des Autoverkehrs um ca. 20-30% auf keiner der Strecken und in keinem Quartier zu Mehrverkehr führt.


Die wegfallende Koordination zwischen Autoverkehr und Tram wie auch die neue Tramachse durchs Neumühlequai beschleunigen den Trambetrieb.



Mit der räumlichen Verteilung der Bahnhofshaltestellen kann der Trambetrieb zusätzlich entflechtet und die Eigenbehinderung minimiert werden. Dies ermöglicht ein konsequentes System mit kompakten, gut querbaren zweigleisigen Tramkorridoren. Zudem sind alle Haltestellen vollständig behindertengerecht ausgestaltet. Wenn das Tram 1 eingeführt wird, werden die Buslinien 31 und 46 zusammengebunden und über die Central-Haltestelle an den Bahnhof angebunden. Das effiziente Verkehrssystem ermöglicht schliesslich auf den Hauptachsen eine attraktive, durchgehende Veloführung.


Die Reduktion des Platzbedarfs für den Autoverkehr und ÖV schafft aber auch enorme Nutzungs- und Gestaltungsmöglichkeiten im Stadtraum. Besonders wichtig sind die Themen Stadtklima und Biodiversität. Durch die vielen Flächen- und Verschattungsmassnahmen (es gibt über 30% unversiegelte Flächen im öffentlichen Raum, es gibt Platz für 150 neue Bäume!) lässt sich die Temperatur im Stadtraum an einem heissen Sommertag um 2.8 bis 8.7 Grad reduzieren. Es gibt eine bedeutende Reduktion an Emissionen (CO2, Feinstaub). Mit dem Freispielen des Raums gibt es aber auch weitere Verbesserungen, wie beispielsweise die logischere Vernetzung von der Stadtebene mit den unterirdischen Bahnhofsbereichen.



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Orte & Stadtraum


Das wachsende Personenaufkommen erfordert Platz für den Fussverkehr und den Aufenthalt. Die ambitiöse Neuorganisation des Auto- und öffentlichen Verkehrs ermöglicht dabei verschiedene grosszügige Plätze und Grünräume, eine attraktive Gestaltung, eine gute Veloführung und Raum für Massnahmen zur Hitzeminderung und Biodiversität.


Bahnhofplatz: Mit der starken Reduktion der Verkehrsflächen entstehen grosszügige, attraktive Aufenthaltsbereiche. Der Platz bietet direkte, hindernisfreie Wege für den Fussverkehr in allen Richtungen. Bäume und Wasserflächen sichern ein angenehmes Stadtklima.


Löwenplatz: Durch die Verteilung der Fussverkehrsströme wird die Bahnhofstrasse entlastet, die Löwenstrasse zur vollwertigen Einkaufsstrasse. Damit transformiert sich der Löwenplatz vom Verkehrsplatz zum intimen, begrünten Innenstadtplatz.



Central, Bahnhofsbrücke: Das Central wird zum Tor zu Altstadt und Hochschulquartier. Wegen der grossen Entwicklung des Hochschulquartiers ist hier von einer besonders starken Zunahme der Fussverkehrsfrequenzen auszugehen. Durch die Verlagerung der Haltestellen auf die Bahnhofsbrücke und im Neumühlequai wird dafür Platz freigespielt. Gleichzeitig entsteht Platz für Aufenthalt, Begrünung, Retention und Aneignung. Für den Veloverkehr entsteht ein guter Knoten der hier zusammentreffenden Velorouten, eine Entflechtung von den Tramhaltestellen wird möglich.


Bahnhofquai: Mit dem «Sprung über die Limmat» wird nicht nur das Central und das Neumühlequai an den Hauptbahnhof angebunden, sondern auch der Limmatraum aufgewertet. Der Bahnhofquai wird zur Promenade am Wasser.


Museumsplatz: Mit der starken Begrünung der Museumsstrasse wird der Haupteingang des Landesmuseums Teil einer Parklandschaft.



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Etappierung & Partizipation


Mit der Vision wird sich der Raum Hauptbahnhof-Central bedeutend ändern. Die Vision ist zwar ambitiös, aber mit der Verkehrsentflechtung und dem enormen Platzgewinn gleichzeitig auch pragmatisch und flexibel. Sie lässt sich mit einer gut durchdachten Etappierung stufenweise umsetzen.


Die Taktverdichtung am Central ist aus verkehrlicher Sicht das drängendste Problem rund um den Bahnhof. Bisher ist vorgesehen dies durch zusätzliche Gleise auf der Brücke zu bewältigen. Die Eigenbehinderung und ein langsamerer Fahrgastwechsel bleibt ohne behindertengerechte Haltestellen als Problem bestehen. Daher wird als erster Schritt für ein verändertes Gesamtsystem HB-Central ein Umbau vom Central notwendig. Die mittelfristige Situation zeigt darum in erster Linie die Auswirkungen der Umgestaltung des Central-Platzes.


Dazu gehört die neue Tramachse Neumühlequai, eine Verlagerung der Tram- und Bushaltestellen auf die Bahnhofsbrücke und ins Neumühlequai sowie die Befreiung der Stadtebene im Raum Neumühlequai – Bahnhofsbrücke – Bahnhofquai vom Autoverkehr. Eine weitere wesentliche Änderung ist die Führung des Autoverkehrs im Gegenverkehr über die Gessnerallee für die Erschliessung der Innenstadt.



Die Löwenstrasse und der Löwenplatz werden dadurch autofrei und können mit temporären Umgestaltungen bereits aufgewertet werden.


Weitere wesentliche Änderungen im Verkehrssystem gibt es nicht: der Bahnhofquaitunnel wird nicht tangiert, in Nord-Süd-Richtung fliesst der Autoverkehr noch über den Bahnhofplatz, die Museumsstrasse bleibt ein wichtiges Netzelement im Strassennetz, der Seilergraben wird über die Stampfenbachstrasse mit dem Milchbucktunnel verbunden. Die Tramhaltestellen auf dem Bahnhof- und Löwenplatz können gestalterisch aufgewertet werden, aber bleiben bestehen. Damit zeigt die mittelfristige Situation, dass bereits mit begrenzten Eingriffen in den MIV eine enorme Aufwertung im Raum Hauptbahnhof – Central möglich ist.


Die weiteren Etappen und Entwicklungsschritte können in einer späteren Phase angegangen werden und lassen sich entsprechend noch ändern. Teilweise können sie unabhängig realisiert werden. Damit weisst das Konzept bei der Umsetzung eine sehr grosse Flexibilität auf.



Das interdisziplinäre Planungsteam: Van de Wetering / Basler & Hofmann / Hager Partner / albprojekte


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